Falls wir die 40. SSW voll machen, sind es jetzt noch sieben Wochen bis zum Geburtstermin. Sieben Wochen und alles wird anders. Nochmal anders. Anders, als es plötzlich vor fünfeinhalb Jahren wurde, als Lotta geboren wurde. Und anderes als das anders, das es mit Bo wurde.

Auf Kinder kann dich keiner vorbereiten

Unser ganzes Familiensystem, die Beziehungen untereinander, eingespielte Abläufe, Erwartungen – alles wird anders. Ich denke, ehrlich gesagt, nicht mehr besonders viel darüber nach, wie es sich verändern wird. Weil ich gelernt habe, dass man das vorher nicht wissen kann. Bei den einen “läuft das dritte Kind einfach so mit”. Bei anderen wirft es noch mal alles über den Haufen und die ganze Familie aus der Bahn. Wer weiß, wie es bei uns sein wird? Keiner. Nur wir. Aber erst, wenn es so weit ist.

Erinnert ihr euch noch an das Lied “Alles wird sich ändern” von Echt? Darin heißt es, dass sich alles ändert, wenn wir groß sind. Das stimmt natürlich irgendwie – aber so richtig gravierend verändert hat sich mein Leben nicht, wenn ich Schul-, Ausbildungs- und Arbeitszeit vergleiche.

So richtig ändert sich das Leben erst mit einem Kind

Und damit meine ich nicht unbedingt, ob und wie viel man seine Freunde noch sieht oder ausgehen kann, wobei das definitiv auch ein Thema ist. Ich meine eher die alltäglichen An- und Herausforderungen. Die Emotionen, diese Welle von Gefühlen, die dich plötzlich überrollt und auf die dich keiner vorbereiten kann.

Vor zwei Wochen habe ich auf folgende Frage der 1000 Fragen an mich selbst Reihe so geantwortet:

322: Was hättest du gern frühzeitiger gewusst? 

Wie sehr sich das Leben mit Kindern wirklich ändert. Wie überwältigend diese Liebe, die Verantwortung, die Angst um’s Baby sein kann. Wie einschneidend und einzwängend und isolierend. Wie wunderbar und furchtbar zugleich, wie grenzwertig, grenzverschiebend und grenzüberschreitend. Wie gefordert, überfordert und unterfordert man sich im ersten Jahr mit Baby fühlen kann. Wie matschig sich das eigene Gehirn plötzlich anfühlen kann, wie deplatziert und störend man sich plötzlich in der Öffentlichkeit fühlen kann. Wie hoch die Hochs des ersten Kinderkusses, des ersten „Mama, ich liebe dich.“ und dieses urtiefen Vertrauens des eigenen Kindes in dich sein können. Und wie tief die Tiefs. Dass man über sich hinaus wächst und über so viel Stärke und Kraft verfügt, wie man es nie für möglich gehalten hätte.

Und vor knapp einem Jahr, Anfang Juni 2017, postete ich dieses Bild auf Instagram mit folgendem Text:

Fast drei und viereinhalb Jahre, 33 Kilo zusammen, meine größte Liebe, meine größte Herausforderung. Jeden Tag auf’s neue, wachsen sie, wachsen wir, zusammen. Sie machen mich glücklich, hilflos, verletzlich, stark und mutig. Lassen mich über meine Grenzen hinaus wachsen und noch viel weiter. Die schönsten Momente erlebe ich mit ihnen. Die schlimmsten auch. Sie bringen mich zur Weißglut und zum Lachen, rühren mich zu Tränen, lassen mein Herz bluten und überquellen. Sie fordern und überfordern, triezen und stänkern, testen. Sie lieben und vertrauen. Wollen gehalten und getragen werden. Manchmal eben auch gleichzeitig. #TeamPinkepank.

Mama sein - alles wird sich ändern

Wie wird das Leben mit Kind?

Eigentlich glaube ich, hätte ich das doch nicht gern frühzeitig gewusst.

Ich denke oft über diverse Posts nach, in denen Mütter fast entrüstet und anklagend fordern, dass ihnen doch jemand hätte sagen sollen, wie sehr sich das Leben wirklich verändert mit Kind. Ich glaube, das kann man nicht. Weil jeder diese Veränderungen anders empfindet. Weil sie für die eine einschneidender sind als für andere. Weil es unterschiedlichste Familienkonstellationen gibt und Familien unterschiedlich viel Hilfe und Unterstützung haben.

Und, weil diese Veränderung so gravierenden ist, dass sie schwer zu beschreiben ist. Man kann einfach nicht nachfühlen, wie groß das Drama sein kann, wenn man ein Brot falsch (nicht so, wie das Kind es sich vorgestellt hat) durchgeschnitten hat, bevor man es nicht selbst erlebt hat. Wie anstrengend viele schlaflose Nächte am Stück sein können – und dass man trotzdem tagsüber glücklich über dieses Lächeln ist.

Dass man auf dem Fußboden sitzen mit Kind in der Trage gegen das Sofa gelehnt, schlafen kann – weil es für den kleinen, kranken Menschen scheinbar die einzige Variante ist, Schlaf zu finden. Und wie es sich anfühlt, wenn es deinem Kind reicht, dass du da bist. Du bist da und alles ist gut. Wenn du merkst, wie tief dieses Vertrauen reicht und wie hemmungslos, bedingungslos sich dein Kind in deinen Armen fallen lassen kann.

Man verändert sich selbst, wird vielleicht zu genau der Mutter, die man nie werden wollte. Oder auch nicht. Aber – man weiß es vorher nicht. Und es kann einem vorher auch niemand sagen.

Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt

Ein bisschen ist es so wie in der Pubertät. An manchen Tagen könntest du die Welt umarmen vor Glück – an anderen möchtest du eigentlich niemanden sehen. Auch nicht dein Kind. Erst recht nicht dein Kind.

An manchen Tagen ist alles schön und klappt wie am Schnürchen. Andere Tage sind rabenschwarz statt rosarot. Man zerreißt sich und verbiegt sich, man probiert, hinterfragt, verwirft.

Man wächst. Und mit jedem Kind ist die Herausforderung eine andere. Weil jedes Kind andere Bedürfnisse hat und wir als Eltern unsere Bedürfnisse auch überdacht und angepasst haben.

Ich bin gespannt, gespannt, wie es wird und bis dahin trällere ich zwischen Eiskaffee, drohendem Nervenzusammenbruch, bleierner Müdigkeit und den liebreizendsten Bauchliebkosungen der großen Geschwister vor mich hin:

„Alles wird sich ändern, wenn sie da ist, alles wird sich ändern, wird sich ändern…“

Und, wie es das Leben so mit Kindern?

 

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8 Comments

  1. Selten hat mich ein Artikel so berührt, so abgeholt, eingesammelt und mir einfach nur sooo sehr aus der Seele gesprochen. Ein wirklich wunder-, wunderschöner, wahrhaftiger Artikel. Meine 4-Monate alte Tochter liegt grad vor mir, schlafend auf dem Stillkissen und hatte schon den dritten Alptraum in Folge- arme Maus. Doch ich bin da, und dann ist alles gut, genau wie du geschrieben hast :)

  2. Sylvia Spitzenberg Reply

    Liebe Johanna, deinem Artikel ist nichts, aber auch gar nichts hinzuzufügen. Kein “Job’ ist so anstrengend wie der einer Mutter. Es gibt aber auch keinen schöneren. Mit 20 Jahren wollte ich gar keine Kinder. Mit Mitte 20 dachte ich ein Kind wäre perfekt. Als ich mit 30 meinen Mann kennen lernte, waren wir uns von Anfang an einig, das wir 2 Kinder haben wollen. Tja nun. Hätte mir damals vor 8 Jahren jemand gesagt, das ich heute 3 Kinder haben werde, ich hätte gelacht. Sehr sehr laut gelacht. Und heute lache ich auch. Vor Freude. Vor Glück. Das ich dieses Wunder 3x erleben darf. 3 unterschiedliche kleine Wesen, die mir beigebracht haben, das man jemanden unendlich lieben kann, obwohl er einen täglich in den Wahnsinn treibt ? Ich wünsche dir alles erdenklich Gute für dich, deine Familie und die kleine Babymaus!

  3. Liebe Johanna, das hast Du sehr schöne geschrieben, ich wünsche Dir und Deinen Lieben alles erdenklich die nächsten Wochen bis zur Geburt. Ihr werdet das schon wuppen und wir werden Dich hier dabei begleiten. Danke für den Einblick in Deine Gedanken!

  4. Hallo Johanna, wirklich toller Artikel. Mein Sohn ist jetzt knapp 11 Monate und mit seinen Backenzähnen voll am Zahnen und bekommt seinen eigenen Willen. Mega anstrengend! Ich bekomme also einen so langsam einen Geschmack davon wie anstrengend es noch werden kann. Trotzdem bin ich so glücklich darüber den kleinen Sonnenschein zu haben. Sobald jemand anderes mal auf meinen Nervzwerf aufpasst, ich mich auf meine kurze Zeit alleine freue und dann alleine auf der Couch liege, wünsche ich ihn zu mir. Ich glaube so paradoxe Gefühle kann echt nur eine Mutter (oder auch Vater) haben. Obwohl er noch so klein ist, denke ich über ein zweites Kind nach. Finde es schön, wenn der Abstand bei ungefähr zwei Jahren liegt. Deine großen zwei haben ja auch so einen Abstand. Würdest du es wieder so machen? Mich würden deine Erfahrungen brennend dazu interessieren. Wo siehst du die Vorteile und Nachteile? Schreib doch mal eine Blogpost dazu.
    Vielen Dank für deine zum Nachdenken anregenden Worte und Gedanken. Mach so inspirierend weiter!

  5. Liebe Johanna, danke für deine Worte. So ist es. Und so ist es gut.

    Alles Liebe und Gute für euch!
    Melle

  6. Das hast du so schön geschrieben, dass ich hier gerade mit Tränen in den Augen sitze. Sind bestimmt auch ein bisschen die Hormone ? aber trotzdem. Du sprichst mir komplett aus der Seele und ich bin gespannt, wie unsere Nr 3 in 8 Wochen alles über den Haufen wirft oder auch nicht.
    Dir noch alles gute für die letzten Wochen ?

  7. Hallo Johanna, mal wieder ein wunderbarer, sehr gut geschriebener Artikel, dem nichts hinzuzufügen ist. Genauso empfinde ich es auch als Mutter von zwei Kindern, die momentan exakt in dem Alter sind, wie deine auf dem Tragefoto oben. Es ist tatsächlich absolut nicht vorher nachvollziehbar, wie es sein wird mit Kindern, aber den Vergleich mit der zweiten Pubertät finde ich ziemlich passend. Man schwankt ja auch den ganzen Tag zwischen Wutausbruch und Freude, und zwar teilweise im minütlichen Wechsel. Und damit meine ich mich selbst, nicht die Kinder?.
    Ich wünsche euch alles alles Gute für die restlichen Wochen zu viert und dir einen wunderschönen Muttertag heute?

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