“Schreib doch einfach drüber, wie es läuft”, schlägt André vor, als ich mit ihm über meinen Pausenplan spreche.

3 Wochen kein Instagram, zumindest nicht aktiv und wenn es nach mir geht, auch kein stundenlanges drin versinken. Guter Plan, finde ich. Here we go:


Tag 1 – Donnerstag 11.08.

Ich sitze in dem mir schon so vertrauten Zimmer meiner Therapeutin. Sie schaut von ihrem Tablet hoch und fragt: “Und Sie sind jetzt seit Anfang dieser Woche im Urlaub, richtig?”

Das war der Plan. “Nicht ganz, seit heute ehrlich gesagt erst”. Es ist mir etwas unangenehm, das zuzugeben. Aus den geplanten 6 Wochen Pause sind 3 geworden. Aber selbst die fühlen sich jetzt, wo sie unmittelbar vor mir liegen, tollkühn und wundervoll an. Pause von einer App, die von täglicher Interaktion lebt, davon, täglich mehrmals mit neuen Inhalten gefüttert zu werden. Pause von einer App, von der ich mittlerweile leben kann.

Aber – ich brauche den Urlaub. Diese Pause. Die erste wirklich bewusste seit 10 Jahren und in anderen Jobs funktionieren Pausen ja auch. Tag 1 ist noch kein richtig freier Tag. Ich poste noch einen Urlaubsbericht, eine bunte Tüte dies und das und kündige die Sommerpause an. Beantworte noch Kommentare und Nachrichten, bis ich die App schließe und abends am Telefon zu André sage: Ab heute hab ich drei Wochen frei.

Tag 2 – Freitag 12.08.

Ich wache auf und fühle mich seltsam beschwingt. Trotzdem öffne ich mehrere Male am Vormittag die Instagram App. Kommuniziere und poste sogar noch zwei Story Slides. Fängt ja gut an, aber Loslassen ist keine meiner Stärken, das war mir vorher schon klar. Auf das kleine, bunte App-Symbol zu klicken ist auch gar keine aktive Entscheidung, es passiert einfach. Sobald ich das Handy in die Hand nehme, um etwas auf den Einkaufszettel zu schreiben, mir eine Notiz zu machen oder eine Nachricht zu beantworten. Insta zu checken läuft automatisch. Ich merke es manchmal erst, wenn ich schon in der App bin. Beängstigend finde ich das und ich beschließe, mir heute drüber klar zu werden, was genau ich eigentlich will. Instagram gar nicht mehr öffnen? Nur nichts mehr posten aber weiter kommunizieren? Reicht es mir schon, zu können, aber nicht zu müssen?

Ich nehme mir Zeit für ein gesundes Frühstück. Der Plan, gleich nach dem Aufstehen Sport zu machen, scheitert heute daran, dass wir erstmal aufräumen müssen, um eine freie Fläche für meine Yoga-Matte zu finden. Ich hadere immer noch mit der Entscheidung gegen einen Umzug in das Haus, das wir uns Anfang der Woche angeschaut haben. Denn neben der Ruhe, dem Wald direkt nebenan, dem großen Garten mit alten Obstbäumen denke ich auch: was das für guter Content wäre. Plane in Gedanken alles durch und habe sofort Stories, Reels, Geschichten im Kopf.

Tag 3 – Samstag 13.08.

Unser Tag ist wunderbar voll geplant mit Sommerfest bei unseren Nachbarn und Freunden, die zum Grillen vorbei kommen. In den typischen Momenten, die ich auf Insta teilen würde, spüre ich den Impuls, das Handy zu zücken. Aber ich filme noch nicht mal für später. Ich öffne Instagram immer mal sporadisch, merke aber, dass ich gar keine Lust habe, zu scrollen. Stattdessen habe ich Zeit, vorzulesen. Zimmer umzuplanen. Ich fühle mich weniger gehetzt, weniger unter Druck und verlasse zum ersten Mal seit Ewigkeiten das Haus ohne Handy. Bei der Party würde ich gerne das fantastische Buffet filmen und wie der Ausblick von einem Stockwerk tiefer aussieht, die tollen Outfits der anderen Frauen dokumentieren, später beim Grillen unser vegetarisches Menü und meine Freundin verlinken. Aber nicht so sehr, dass ich es mache. Das Handy habe ich den ganzen Abend nur in der Hand, um zwei Fotos zu machen.

Tag 4 – Sonntag 14.08.

Ich scrolle mich durch meinen Feed und merke: ich muss aussortieren. So viel überflüssiges, so vieles, das ich überscrolle. Ich nehme mir vor, mir die Feeds als Favoriten zu markieren, die mir etwas bringen, mir Spaß machen und dem Rest zu entfolgen. Meinen Liebsten auf Instagram schreibe ich kurz, beantworte eine Frage – und lege das Handy zur Seite um weiter Kinderzimmer zu planen und zu entrümpeln, bis wir zu unserem Ausflug aufbrechen. Haithabu, das Wikinger Museum in Schleswig Holstein. Als wir durch die Ausstellung laufen und später über Deich Richtung Wikingerdorf merke ich zwei Dinge. Erstens: meinen Drang, zu filmen und zu fotografieren, um einen Ausflugs-Tipp parat zu haben. Zweitens: dass dieser Ausflug wahrscheinlich der erste seit 10 Jahren ist, bei dem ich mich bewusst dagegen entscheide und einfach nur mit meiner Familie dort bin.

Tag 5 – Montag 15.08.

Ich begleite Lotta und eine Freundin ins Kino, merke, dass ich mich gern in meinem gewohnten Rahmen mit meiner Community über den Film austauschen würde. Zugegeben: mein Fazit wäre nicht positiv, ich hätte vermutlich ziemlich schnell meine Meinung über den Film geschrieben. Später überlege ich, ob es mir wirklich fehlt, diese Meinung nicht öffentlich gemacht zu haben. Hätte ich gern gehört, dass meine Einschätzung geteilt wird? Fehlt mir ein anderer Blick auf den Film, der meine Sichtweise nochmal zurechtrückt? Ich komme zu keinem endgültigen Schluss und kann auch dieses Gefühl gut hinnehmen. Erlaube mir, nicht immer ein eindeutiges Ja oder Nein spüren zu müssen.

Tag 6 – Dienstag 16.08.

André und ich besuchen die Banksy Ausstellung am Hauptbahnhof, danach den Pop Up Harry Potter Shop – und ich merke, wie ich sofort wieder im Creator-Modus bin. Ein Foto am Banksy Foto Spot und ich überlege, ob ich wieder zurückgehen soll, weil ich kein Video gemacht habe. “Alles ist Content”, höre ich mich zu André sagen, während ich das Handy zücke, um die den Shop später als Tipp zu teilen.

“Aber du machst doch gerade keinen Content” – wie aus der Pistole geschossen kommt das, natürlich. Ich weiß, dass er Recht hat und murmle mit einem verschämt trotzigen Tonfall leise irgendwas von “Naja, für später” und plane schon, was ich dazu noch alles posten könnte.

Tag 7 – Mittwoch 17.08.

Heute zieht uns eine unerwartete Nachricht beruflicher Natur ein bisschen den Boden unter den Füßen weg. Ich überlege kurz, meine Auszeit abzubrechen und doch sofort wieder einzusteigen, entscheide mich aber dagegen. Lieber plane ich mit Ruhe und Zeit die nächsten Monate durch, um dann mehr Sicherheit zu haben. Eigentlich bin ich ein Bauchentscheidungstyp, möchte immer alles sofort sofort und denke nicht über die Konsequenzen nach. Wohin das führt, hat sich aber in einem verzettelten Alltagsmischmasch aus Erwerbs- und Care-Arbeit gezeigt, in dem ich nichts und niemandem mehr gerecht wurde.

Tag 8 – Donnerstag 18.08.

Mein erstes Event seit Ewigkeiten. Direkt um die Ecke im Café bin ich zum Launch des Oh Boy Podcast von Muschda Sherzada und Turid Reinicke eingeladen, in dem die beiden sich mit tollen GästInnen mit Geschlechterklischees auseinandersetzen. Ein sehr sehr schöner Vormittag, den ich gern asap in den Stories geteilt hätte. Mit Direktlink zum Podcast, Bildern vom leckeren Buffet, den beiden Gastgeberinnen und der sehr hübschen Goodiebag. Ich filme ein bisschen mit, mache ein Foto – und habe richtig viel Zeit, mich zu unterhalten, ohne ständig die Kamera rauszuholen und abgelenkt zu sein. Auch mal ein schönes Gefühl.

Auch heute: der erste freie Vormittag nach 6 Wochen Sommerferien. Sie waren schön, aber streckenweise auch sehr anstrengend. Obwohl wir einiges unternommen haben, fällt uns allen zwischendurch die Decke auf den Kopf und der Rest der Familie auf den Wecker.

Das kann uns unter der Woche während der Schulzeit kaum passieren: heute startet der Seepferdchen-Schwimmkurs, in einem anderen Stadtteil. Ich muss sehr genau planen, wer wann wo abgeholt werden muss, wer wann wo womit sein muss und was ich dafür schon alles gepackt und vorbereitet haben muss.

Am Abend bin ich zwar stolz auf die Kinder und mich, dass wir den Tag mit seinen Terminen so gut jongliert haben – frage mich aber auch, wie ich es eigentlich schaffen soll, zu arbeiten, wenn die Nachmittage so viel Planung und Vorbereitung benötigen. Immer wieder der Struggle zwischen Erwerbs- und Carearbeit.

Tag 9 – Freitag 19.08.

Ich merke endgültig, dass Kinder und Arbeit gleichzeitig für mich einfach nicht zusammen passen. Während die Großen schon in der Schule sind, habe ich die Illusion, einen kurzen Text schreiben zu können. Aber: ich kann nicht schreiben, während sich neben mir am Tisch eine Milchpfütze bildet, weil das Kind zwar alles allein machen will, manches aber doch noch lernen muss. Zum Beispiel, dass eine volle Milchtüte schwerer ist als drei Tropfen in einer Ikea-Plastikschale und die Schüssel umkippt, wenn man morgenmüde die Packung auf dem Rand ablegt. Aber – ich akzeptiere diese Erkenntnis einfach. Kann sie annehmen. Flippe nicht aus, weil da gerade nicht so ein Druck ist. Schiebe meinen Laptop zur Seite, wische die Milch weg, drücke mein Kind und bin milde mit mir.

Tag 10 – Samstag 20.08.

So viele schöne Teile springen mir im Sale ins Auge – ein kleiner PinkepankStyle ist auch in der Auszeit drin. Ich habe Lust auf Mode und die Auszeit soll nicht bedeuten, dass ich mir dogmatisch verbiete, am Blog zu arbeiten. Viel eher, wieder zu spüren, was mir Spaß macht, worauf ich Lust habe, welche Themen mir wichtig sind und wie viel Präsenz auf Instagram mir gut tut.

Wie vermutlich halb Hamburg mit schulpflichtigen Kindern bin auch ich heute nochmal los, um die Hefte, Stifte, Zirkel und Postmappen von der Materialliste zu besorgen. Für mich finde ich auch etwas – Orgakram in schön. Ich arbeite in Gedanken schon lange an einer für mich optimalen Methode, mich im Alltag zu organisieren und Stück für Stück suche ich mir dafür zusammen, was ich brauche. In schön. Das ist nicht easy, aber auch nicht unmöglich. Trotzdem geht in Sachen Büromaterial und Ästhetik noch so einiges, finde ich.

Hier geht weiter zu Teil 2 und meinem Pausen-Fazit:

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