Mein erster richtiger Urlaub seit 10 Jahren

Die Spülmaschine rauscht rechts neben mir. Ich sitze auf unserer Küchenbank, vor mir mein Laptop. Ich höre, wie das Wasser meine Speiseröhre runtergluckert, als ich einen großen Schluck trinke und spüre, wie mir eine Last von den Schultern fällt, als ich die Gedanken in Worte fasse, von denen ich weiß, dass sie die einzig richtigen sind. Ein kaltes Kribbeln kriecht meine Arme nach oben Richtung Schulter. Als ob es mich davon abhalten will, zu schreiben und damit Realität werden zu lassen, was schon lange klar ist:

Ich brauche eine Pause.

Und zwar eine echte, richtige Social Media Pause. Urlaub, der keine Arbeit ist. Viele meiner Kolleginnen schaffen das schon, machen regelmäßig Blogpausen, in denen sie sich anderen Projekten widmen oder einfach mal “nichts” tun. Ich hab mich das nicht getraut bisher. Aus Angst um Klickzahlen, vielleicht auch Angst vor dem Raum, der dann plötzlich entsteht. Oder aus Angst, zu merken, dass mir Social Media, und der Job, den ich mit kreiert habe, mir nicht so sehr fehlt wie ich dachte.

Seit 10 Jahren schreibe ich diesen Blog, in manchen Zeiten erschreckend wenig, in anderen erstaunlich gut. Wenn ich alte Texte von mir lese, kann ich gar nicht mehr glaube, dass sie wirklich von mir sind.

Es ist kein Geheimnis: Social Media hat sich verändert. Alles wird noch schneller, alles wird schmissiger, aber auch bissiger. Und es ist noch mehr als vor ein paar Jahren so, wie es früher in der Schule war: Cliquenbildung. Wenn du nicht dabei bist, bist du raus. Ich bin nicht ganz sicher, wie ich das finde. Einerseits bin ich voll dabei, wenn es darum geht, andere Frauen zu unterstützen. Ich glaube, es ist für alle genug Raum in der digitalen – und auch realen – Welt. Andererseits sind es einige wenige Grüppchen, die sich gegenseitig pushen und es damit für andere, und damit meine ich nicht mich, schwer machen, überhaupt sichtbar zu werden.

Klüngel, Banalität, Dummheit und Hass auf Instagram

Ich vermisse die Leichtigkeit, mit der es früher möglich war, Fotos und Texte zu teilen. Mittlerweile mache ich mir über so viele wenns und abers Gedanken, wäge alles ab und schaffe es dadurch kaum noch bis zum fertigen Text. Die Gleichzeitigkeit der Dinge gepaart mit der Unmöglichkeit, immer alle, jede und jeden politisch korrekt mitzudenken, lähmt mich.

Es gibt so viel Wichtiges und Schönes, gleichzeitig wird Instagram von so viel Banalität, Dummheit und Hass überschwemmt, dass es mir manchmal den Atem nimmt.

Videos bestimmen den Feed, die so häufig sinnlose Unterhaltung zieht mich rein in diese App und hinterlässt mich mit einem tauben Gefühl, wenn ich den Absprung geschafft habe. Ich schüttle den Kopf über die austauschbaren Tanz- und Synchronstimmen-Videos und kann mich trotzdem nicht frei machen von der Idee, einfach mitzuschwimmen auf der Videowelle. Mitschwimmen oder untergehen, das scheinen gerade die beiden einzigen Optionen zu sein.

Ich bin mit keiner Option wirklich glücklich. Also baue ich mir eine kleine Insel. Eine Sandbank, auf der ich mich in die Sonne lege, in den Himmel starre und wieder eintauche, wenn ich die Richtung gefunden habe, in die ich in Zukunft schwimmen möchte.

Geplant waren eigentlich 6 Wochen Auszeit, aber mit dem Entschluss, diese Pause einzulegen, kam der Schwung wieder, die Texte fließen wieder und eine Idee nach der anderen ploppt in meinem Hirn auf. Unter anderem deswegen ist meine Pause etwas zusammengeschrumpelt. Aber drei Wochen sind immer noch eine sehr gute Zeitspanne.

Hier auf dem Blog schreibe ich vermutlich weiter, es geht mir primär um die Instagram Pause. Also freue ich mich, wenn ihr hier vorbei schaut und gern auch hier kommentiert.

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4 Comments

  1. Liebe Johanna, ich wünsche dir eine wirklich erholsame Pause. Alles Gute für Dich. Ich freu mich aufs Wiederlesen

  2. ❤️❤️❤️
    Liebe Johanna, ein guter Text, ich arbeite nicht mit Insta, aber ich teile deine Gedanken dazu. Ich würde so gerne nur sehen, was mich wirklich interessiert und was einen Mehrwert für mich hat und nicht die ganzen Videos für den Algorithmus, die meine Zeit verschwenden. Manchmal würde ich die App gerne löschen deswegen, aber ich würde so viele kluge Texte und Inhalte, Inspiration, Augenöffner und auch Menschen vermissen.
    Einen schönen Urlaub wünsche ich Dir!
    P.S. Ich fiebere so mit bei eurer Hausentscheidung, aufregend! :-)

  3. Hej Johanna,
    ich kann deine Gedanken so gut nachvollziehen. Zum einen natürlich aus eigener Erfahrung, auch wenn ich Instagram anders nutze als du, aber auch, weil ich dir schon viele Jahre folge und es mir gut vorstellen kann, was das alles mit dir macht. Du hast ja schon einige Male dieses triviale Thema angerissen, umso cooler finde ich, dass du dich nun traust. Für dich, deine privaten und beruflichen Bedürfnisse eintrittst und mutig genug bist, dir für das Fortbestehen deiner Internetpräsenz diesen kreativen Raum zu nehmen.
    Ich sag mal so- ohne Social Media hätte ich dich nicht kennengelernt und du hast mein Leben in so vielfältiger Weise bereichert. Ich wünsche dir ganz viel von diesem Kribbeln, vom Spüren, vom Müssen zum Wollen. Du bist so eine kreative Seele- die muss atmen. Ich freue mich jetzt schon auf deine Rückkehr 🤗
    Ganz liebe Grüße
    Sandra

  4. Oh, ich fühle jedes Wort! Und ich finde, du kannst so gut Schreiben!!! Mir hat die Pause und viele “Unfollows” sehr gut getan ☺️ Das wünsche ich dir auch!!

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