Hier in Hamburg und bei uns als Familie dreht sich gerade alles um die Frage: welche Schule soll es werden? Uns stehen im Sommer eine Einschulung in die Grundschule und ein Wechsel auf eine weiterführende Schule bevor. Wir haben im Umkreis von ungefähr 1,5 km 7 Grundschulen und im Umkreis von 2,6 km 9 Gymnasien zur Auswahl sowie 5 Stadtteilschulen mit einer maximalen Entfernung von 2 km. Wir haben damit also wirklich die Qual der Wahl, auch wenn hier in Hamburg letztendlich vor allem nach Entfernung zum Wohnort entschieden wird, welche Kinder angenommen werden und welche nicht.

Fun Fact: Wir haben hier die höchste Gymnasialdichte in ganz Europa! Ob es das leichter macht? Wohl eher nicht.

Egal, ob es um die Grundschule oder die weiterführende Schule geht, solltet ihr eine Wahl haben, kann die sich manchmal ganz schön erdrückend anfühlen. Zu groß, um sie treffen zu können. Bei der weiterführenden Schule nochmal mehr, hier gehts schließlich um 8 oder 9 Jahre. Die Kinder gehen also mindestens doppelt so lang hier zu Schule wie auf ihre Grundschule. Wie wir entscheiden, auf welche weiterführenden Schulen die Kinder gehen, erzähle ich in Teil 2, heute konzentrieren wir uns erstmal auf die Entscheidung für eine Grundschule.

Und weil wir jetzt schon 2x 4 Jahre Grundschule hinter uns haben und ich mich gut erinnern kann, wie aufregend und existenziell sich diese Entscheidung anfühlen kann,

das Wichtigste zuerst:

Ob ein Kind sich in der Schule wohl fühlt, steht und fällt mit den Lehrkräften.

Und genau auf diesen wichtigsten Aspekt haben wir als Eltern keinerlei Einfluss und können einfach nur abwarten, wer die Klasse unseres Kindes übernehmen wird.

Außerdem ganz wichtig: die MitschülerInnen und die Klassendynamik. Auch darauf haben wir null Komma null Einfluss. Denn wir wissen nicht, wer am Tag der Einschulung Seite an Seite mit unserem Kind ins gemeinsame neue Klassenzimmer läuft. Außer vielleicht die Freundin oder der Freund, deren oder dessen Name bei der Schulanmeldung als Wunsch mit angegeben wurde.

Sich das klarzumachen, kann schon etwas Last von den Schultern nehmen, finde ich. Plus die Tatsache, dass viele von uns, die gerade überlegen, welche Schule denn DIE richtige sein könnte, wahrscheinlich gar keine Wahl hatten, auf welche Schule sie kommen. Es gab jeweils nur die eine, die für unser Wohngebiet zuständig war und ja, auf meinen Schulen war manches veraltet, von Ansichten über Interieur und Lehrkräfte. Manches ist auch noch im Rückblick betrachtet richtig blöd gelaufen. Aber ich hab die Schulzeit als beste Zeit meines Lebens in Erinnerung.

Entscheidungshilfen – das sind unsere Prioritäten und Überlegungen

Für die Grundschule sind für mich/uns drei Faktoren maßgeblich entscheidend:

  1. Gehen FreundInnen meines Kindes auf dieselbe Grundschule? Es ist für viele Kinder das Wichtigste, FreundInnen in ihrer Klasse zu haben. Auch, wenn wir wissen, dass manche Freundschaften sich auseinander entwickeln, gerade in den ersten Tagen und Wochen ist es so viel wert, ein oder zwei bekannte Gesichter in der Klasse zu haben. Es gibt Sicherheit und hilft bei dem Übergang, denn von der Kita zur Schule ist es doch ein großer Schritt.
  2. Wie weit ist der Schulweg? Ich weiß, dass gefühlt manche von uns noch 20 km zu Fuß im Schnee (barfuß) zur Schule laufen mussten, zumindest hört es sich bei manchen Eltern so an, wenn sie von früher erzählen. Und dass es im Vergleich damit kein Beinbruch ist, 1,5 km Fußweg zur Schule zu haben. Aber sollte es eine Schule in näherer Umgebung geben, die nicht aus anderen Gründen absolut ausscheidet, würde ich immer die Schule mit dem kürzesten Schulweg wählen. Mit zwei Hintergedanken: neue FreundInnen wohnen oft ebenfalls mehr oder weniger um die Ecke, die Wege für Verabredungen sind also auch kurz. Und weniger Stress/Zeitaufwand für uns als Eltern. Zumindest wenn ihr, wie wir, die Kinder über einen bestimmten Zeitraum noch zur Schule bringt und auch wieder abholt. Klar, irgendwann gehen sie allein. Klar, Fahrrad und Bus sind eine schnelle Alternative. Und ja, viele Familien haben gar nicht diese Wahl (in anderen Bundesländern). Aber falls ihr sie habt, lohnt es sich zumindest, diesen Punkt auch kurz gedanklich durchzuspielen.
  3. Gebundene oder offene Ganztagsschule? War für uns auch entscheidend, wir wollten auf keinen Fall eine gebundene Ganztagsschule. Aber ich hab mittlerweile von Freunden gehört, dass es dort oft mehr tolle Nachmittagsangebote gibt und vieles besser strukturiert ist. Und: die Kinder müssen keine Hausaufgaben mehr machen, wenn sie aus der Schule kommen. Zu bedenken ist allerdings, dass es für die Kinder wirklich ein langer Tag ist, wenn sie danach zum Beispiel noch Hobbys haben. Hier lohnt es sich, sich bei anderen Eltern, die die Schule schon kennen (und auch mal den Kindern, die empfinden das oft ganz anders) über die Betreuung am Nachmittag zu informieren.
  4. Kleiner Tipp aus Erfahrung: Was ihr auf dem Infoabend hört, wird nicht zwangsläufig später auch so umgesetzt. Ein Beispiel: ein Punkt, warum wir uns für die noch aktuelle Grundschule entschieden haben, waren die flexiblen Abholzeiten. Es gab keine vorgegebenen Zeiten, zu denen die Kinder abgeholt werden/gehen durften. Das war mir zu der Zeit extrem wichtig, um meine Arbeit , ein Baby und später den Kita-Zeiten, Mittagessen und Nachmittagsterminen allein koordinieren zu können. Nach und nach hat sich aber eingeschlichen, dass man nur noch um 13 oder 15 Uhr abholen durfte – diese Zeiten standen dann auch im Vertrag, auf den die Nachmittagsbetreuung sich berufen hat. Was auf dem Infoabend versprochen wurde – irrelevant.
  5. Ausstattung, Kurse, Sport und Co. – all das interessiert uns auch, aber letztendlich ist es nicht entscheidend. Engagierte, liebevolle Lehrkräfte zaubern aus dem kargsten Klassenraum eine Lernumgebung, in der sich alle wohl fühlen. Die tollsten Smartboards bringen nichts, wenn sie da sind und sich herausstellt, dass sie leider gar nicht funktionieren. Die passendsten Nachmittagsangebote bringen nichts, wenn das Kind kein einziges Mal den Wunschkurs abkriegt, weil aus jeder Klasse nur ein bis zwei Kinder pro Kurs zugelassen werden. Die pädagogisch neuesten Konzepte bleiben nur Theorie, wenn die Lehrkräfte fehlen, um sie umzusetzen. Man kauft die Katze im Sack, könnte man sagen. Also lauft durch die Schule, schaut euch um, achtet auf Kleinigkeiten, lasst das Gebäude auf euch wirken, hört auf euer Bauchgefühl. Und unbedingt auch auf das des Kindes.

Schulleben, Kommunikation und Miteinander

Ich muss gestehen: ich bin insgesamt kein großer Fan davon, wie Schule heutzutage hier in Deutschland immer noch läuft. Ich hab mich aus diversen Gründen mit der Nachmittagsbetreuung angelegt (nach mehreren netten Emails meinerseits) – zum Beispiel, weil ich es nicht okay finde, wenn Kinder angeschrien werden, als blöd bezeichnet werden oder sie zu hören kriegen, dass sie nichts zu essen bekommen wenn sie nicht leise sind. Der Schwimmunterricht (findet in Hamburg in der 3. Klasse statt) war auch eine Katastrophe. Das ist nichts Neues, verändert wird kaum etwas. Und wenn, dann dauert es lange und funktioniert immer nur dank und mit Aufmerksamkeit und viel Engagement der Eltern.

Fragt andere Eltern, wie die Kommunikation mit Verantwortlichen läuft. Denn niemand ist perfekt, Schule nicht, Lehrkräfte nicht, Systeme nicht und wir als Eltern natürlich auch nicht. Wichtig finde ich, dass eine gute Kommunikation gewährleistet ist, dann fühlen Eltern sich gehört und gemeinsam können Fragen angegangen und an Herausforderungen gearbeitet werden. Engagiert euch für ein gutes Miteinander zwischen Lehrkräften und Eltern, das macht sehr viel aus. Und, was ich persönlich unheimlich wichtig finde: gebt auch positives Feedback. Meldet euch nicht nur, wenn es etwas “zu meckern” gibt, sprecht aus, wenn ihr denkt, dass etwas toll gelaufen ist.

Wir hatten das Glück, ganz ganz großartige Klassenlehrerinnen für unsere beiden großen Kinder zu haben. Wie ich zu Beginn schon geschrieben habe: es steht und fällt mit der Lehrkraft. Ich bin unendlich dankbar, dass wir das große Glück hatten, von drei wundervollen, engagierten Lehrerinnen durch die Grundschulzeit begleitet zu werden.

Manches, das uns als Erwachsene stört, ist für die Kinder in ihrem Schulalltag übrigens vollkommen irrelevant. Bei Schwierigkeiten oder Herausforderungen brauchen sie eine gute Begleitung durch die KlassenlehrerInnen und uns Eltern. Und wir Vertrauen in das, was wir unseren Kindern schon mit auf den Weg gegeben haben. Dann steht einer guten Grundschulzeit nichts im Weg.

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5 Comments

  1. So gut geschrieben! Genau so ist es, es steht und fällt mit der Lehrerin- die kleine, große Katze im Sack 😉.
    Und Danke, dass du erwähnst, dass Eltern auch gerne mal etwas as nettes sagen können und sich nicht nur zum meckern melden sollten.
    Ich stimme voll zu! Gut, ist auch das Buch: „Wer ist dran mit Katzenklo“ ( auch zum Thema „Kannkind“) .

  2. Zur gebundenen Ganztagesschule: informiert euch echt vor Ort konkret über die eure mögliche Ganztagsschule. Ich würde mich immer wieder für unsere entscheiden. Das Konzept ist unschlagbar super, klasse rhythmisiert und hat einen sehr positiven Einfluss auf Klasse und Schule. Mein Kind kannte dank der Angebote dort, nach drei Monaten gefühlt die halbe Schule (bei 270 Schülern! und mein Kind ist schüchtern). Da kann hier keine der anderen Schulen und deren offenes Ganztageskonzept mithalten. Was noch hinzukommt: die OGS kostet oft Geld, die gGS ist kostenlos!

    Für uns war aber auch klar: Hat das Kind danach kein Bock mehr auf Hobbies, ist das okay für uns. Dafür hat es genug Programm (z.B. spielt es in unserem Fall 5 Stunden Schach in der Schuke). In der Realität waren jetzt selbstgefällige drei volle Nachmittage pro Woche zu viel. Wir sind jetzt bei einmal Fußball, einmal Schach… Alles freiwillig.
    Die Hausaufgabenfreiheit ist übrigens auch nicht zu unterschätzen: wir haben echt nichts damit zu tun. Das entlastet uns, und stärkt die Selbständigkeit des Kindes. Es gibt auch kein Streit darüber.

    Wir kam es, dass ihr so negativ zur gGS eingestellt war? Ich bin überrascht, weil hier tatsächlich auch die meisten Fachkräfte das Konzept empfehlen.

    • Johanna Reply

      Vielleicht lag es bei uns daran, dass wir schon vorher Hobbys zu Zeiten hatten, die mit den Zeiten nicht zu vereinbaren gewesen wären. Außerdem ist es auch total typabhängig, ob Kinder das gut wegstecken, so lange in der Schule zu sein.

      • Klar ist das typabhängig, aber oft ist für (berufstätige) Eltern ja auch nur die Alternative zwischen gGS und OGS und in beiden sind die Kinder ggf. lang. Und dann hat man ggf. nach der OGS noch Pausen.

        Was für mich aber das wichtigste am Kommentar war: vor Ort eben gucken wie ist das an unseren Wunschschulen. gGS bis 16 Uhr hätten wir auch nicht gewollt, bei uns ist bis 15 Ihr plus Option auf Betreuung. Also, alleine das macht ja einen Unterschied.

  3. selbstgewählte statt selbstgefällig

    Die gGS hier geht übrigens von 8 bis 15 Uhr. Danach ist bei uns noch Zeit für Hobbies, weil eben keine Hausaufgaben mehr gemacht werden müssen. Aber außer Hobby und Abendessen und bisschen Abhängen ist dann an dem Tag nicht mehr, klar.

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