“Bist du eigentlich noch in der Klinik?” fragte mich vor einigen Tagen eine Followerin auf Instagram.

“Ja, bin ich.” schrieb ich ihr zurück.

“Ja, bin ich, aber…” dachte ich, weil ich zu diesem Zeitpunkt schon gekündigt hatte.

Wieso weshalb warum? Das ist eine Geschichte, die mich nach wie vor kopfschüttelnd zurücklässt. Die mich zweifeln und doch nicht überrascht sondern einmal mehr resigniert die Schultern zucken lässt. Ab diesem Monat bin ich nicht mehr mit einer 50% Stelle in der Klinik angestellt, sondern nur noch mit einem Mini-Job. Der Grund dafür ist folgender:

Meine Selbstständigkeit gilt automatisch weiter als mein Hauptjob, auch, wenn ich angestellt bin, weil ich eine Angestellte habe. Das heißt, ich muss meinen Krankenkassenbeitrag weiter selbst zahlen, so wie ich es auch schon die letzten 9 Jahre gemacht habe. Damit habe ich null gerechnet und es auch nicht einkalkuliert, ich kann deutlich weniger für Instagram und den Blog arbeiten, wenn ich 10-11 Dienste im Dreischichtsystem in der Klinik arbeite.

Das klingt erstmal nicht viel, aber der Schichtdienst macht was mit mir. Nach Nachtdiensten bin ich längst nicht mehr so schnell wieder fit wie vor 15 Jahren, wie vor den Kindern. Ich brauche 1-2 Tage, um wieder im Alltag anzukommen, um mich wieder konzentrieren zu können und richtig wach zu sein. Es passiert schnell, dass man 2x pro Monat mehrere Nächte hat, das heißt aus 2-3 Nächten pro Monat werden schnell 4-6 Tage, an denen ich gar nichts anderes machen kann.

Ich kann das also über die Selbstständigkeit nicht easy peasy abfedern, einfach ein bisschen mehr arbeiten, mehr verdienen. Aus Gehirn-Kapazität-Gründen, aber auch weil ich natürlich nie sicher voraussagen kann, für wie viele Jobs ich gebucht werde.

Gehalt minus Krankenkasse gleich deutlich zu wenig für das, was ich dort leisten muss

Das ist mein Ding, klar, andere Menschen stecken Nachtdienste besser weg. Aber es geht hier ja auch um mich. Zurück zum Thema Krankenkasse und Minijob. Wenn ich den Krankenkassenbeitrag von meinem Gehalt in der Klinik abziehe, bleibt ein Betrag über, für den ich nicht bereit bin, Nachts, an Feiertagen und am Wochenende zu arbeiten. Zum Teil ohne Pause und mit Überstunden. Außerdem, und das muss ich ganz deutlich sagen, ist es einfach ein so viel höherer Planungsaufwand und André ist in seiner Auswahl der Dienste sehr viel eingeschränkter.

Und obwohl die Arbeitsbelastung gerade in der letzten Woche, in der ich mehrfach ein- und umgesprungen bin, wirklich hoch war, bin ich nach wie vor traurig über diese Entwicklung. Ich mag mein Team, in dem ich mich gut angekommen gefühlt habe, ich mag die Arbeit mit den Frauen und Neugeborenen SEHR. Es gibt viel zu verbessern, was ich mit einem frischen Blick von außen ganz gut erkennen konnte, aber trotzdem. Ich hab mich so wohl gefühlt, war so schnell wieder drin in diesem “Klinikleben”, als ob nicht 12 Jahre zwischen meinem letzten Dienst in der Notaufnahme und meinem Neuanfang auf der Wochenbettstation gelegen hätten.

Nicht ganz weg, aber auch nicht mehr richtig da

Die “Lösung” beziehungsweise der Kompromiss, den wir getroffen haben, ist, dass ich wenigstens für 23 Stunden im Monat auf Mini-Job-Basis weiter in der Klinik arbeite. So bin ich nicht ganz raus, hab aber nicht diesen finanziellen Nachteil. Angesichts des Fachkräftemangels, der sich nur immer und immer mehr zuspitzt, ist das meiner Meinung nach eine fatale Regelung. Auch, wenn es sicherlich ein Sonderfall ist – da kommt schonmal jemand zurück in die Pflege und dann das. Die ersten Tage, in denen fest stand, dass es keinen Ausweg gibt (und glaubt mir, den habe ich gesucht, auch mit Unterstützung der Klinik, die ein berechtigtes Interesse daran hat, dass ich nicht gehe/reduziert arbeite), habe ich mich wirklich bestraft gefühlt. Als jemand, der einen Job schafft, Arbeitgeberin ist und zusätzlich in eine Branche zurückkehrt, der viele andere den Rücken kehren.

Mittlerweile habe ich meinen Frieden damit gemacht. Ich kann die Regelung immer noch nicht verstehen, aber es ist, wie es ist und ich bleibe durch den Mini-Job wenigstens ein kleiner Teil der ersten Tage im Leben der Mütter, Eltern, Babys.

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13 Comments

  1. Eine GmbH für den Instajob gründen und alles darüber abwickeln und Dich dort als Geschäftsführerin selbst anstellen? Dann biste angestellt und nicht mehr selbstständig… zieht dann wieder tausend weitere rechtliche Fragen re Steuer, Ausgestaltung etc, nach sich aber nur mal als Idee in den Raum geworfen.

    • Johanna Reply

      Danke dir, hat schon jemand vorgeschlagen. Aber nee, ehrlich gesagt ist mir das einfach zu kompliziert, dafür hab ich einfach keine Kapazitäten. Trotzdem lieben Dank für die Idee!

  2. Wie interessant und schade, dass sich deine Selbstständigkeit und das Angestelltenverhältnis gegenseitig so ausbremsen. Ich finde es voll gut, dass du mit deinem Minijob trotzdem dabei bleibst. Weiterhin alles Gute für deine wertvolle Arbeit.

    Und was ich mich schon seit Beginn deiner Arbeit im UKE gefragt habe, hast du schon Followerinnen betreut?

    • Ich glaube nicht, dass sie das hier öffentlich sagen könnte ;) – oder habe ich ein falsches Verständnis von Schweigepflicht…?

    • Johanna Reply

      Ich danke dir, Ragna!Ich sag mal so – ich werd schon ab und zu erkannt in der Klinik ;-)

  3. Oh Mann wie schade. Ich hatte das gleiche Problem-hab dann auch erst jahrelang im Minijob gearbeitet und dann später geswitcht weil es allein erziehend einfach Mist war. Mit Ende des Jahres höre ich nun mein Geschäft endgültig auf. „Selbständig in Teilzeit“ ist halt einfach mehr als das auch wenn der Verdienst was anderes sagt. Und das gemeine ist noch dazu das man halt mit Minijob einfach nix in die Rentenkasse einzahlt… egal wenn man gut privat vorsorgt aber viele tun diese eben auch nicht. Bei mir zumindest kam das viele Jahre dadurch auch zu kurz! Ich wünsch dir das es so wie es jetzt dann ist besser handle bar wird und dadurch auch zufriedener mit der ganzen Situation sein lässt.

    • Johanna Reply

      ja, diese Rentengeschichte…ich glaube sowieso nicht dran, dass meine Generation noch Rente aus öffentlichen Kassen kriegt. Ich sorge privat vor und hoffe, dass das reichen wird. Ich wünsch dir alles Gute, tut mir sehr leid, dass du dein Geschäft aufgeben musst. Es ist einfach bitter.

  4. Das ist ja echt schräg und bescheuert, das tut mir leid für dich. ICh dachte natürlich bei deiner Ankündigung auf Instagram, dass es irgendwie andere Belastungsgründe oder so hat, dass du wieder aus der Klinik gehst, aber darauf bin ich gar nicht gekommen, sinnlos, diese seltsame Bürokratie und Überregelung.

    Ich hoffe, du kannst die für dich gefundene Lösung nun in Frieden genießen und fühlst dich nicht völlig zwischen allen Welten.
    Alles Liebe für dich!
    Dörte

    • Johanna Reply

      Liebe Dörte,

      ja, es ist auch wirklich eine heftige Belastung, ich hab das körperlich schon auch sehr gemerkt. Aber ich hätte drauf gesetzt, das mit einer halben Stelle trotzdem hinzukriegen. Es soll vielleicht nicht sein, wer weiß, wofür es gut ist. Aber traurig bin ich dennoch. Liebe Grüße, Johanna

  5. Liebe Johanna
    Das tut mir mega leid, für Dich, für alle, die dabei involviert sind und es ist eigentlich unfassbar, dass es da keine pragmatische Lösung gibt.
    Ich wünsche Dir nur das Beste für alles, was ansteht.

    • Johanna Reply

      Vielen lieben Dank, Carolin. Ich bin auch nach wie vor fassungslos darüber…

  6. Ich wollte dir die Tage schon schreiben, wie gut ich deine Entscheidung fand, wieder in die Pflege zurückzukehren. Deine Beweggründe für die Reduktion der Stunden sind gut nachvollziehbar… immerhin gibt es da ja auch noch die Kinder und dich!! Schichtdienst ist nicht gesund!! Leider geht es nicht ohne! Aber auch 23 Stunden im Monat sind doch ganz, ganz toll! Bitte mach weiter und fühl dich nicht schlecht!! Liebe Grüße Susanne

    • Johanna Reply

      Vielen Dank liebe Susanne! Ja, du hast da sehr recht, Schichtdienst ist einfach nicht gesund. Ich frag mich manchmal, ob es nicht vielleicht doch anders ginge, wenn man nicht immer so viel Wechsel hätte und einspringen müsste…Aber dafür ist die Welt der Gesundheitsberufe wohl noch nicht bereit. Liebe Grüße!

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